Der Grundkurs für die Jugend im Rofan findet dieses Jahr Mitte Juni statt. Es ist der zweite Auftakt des Kurses in dieser Form. Ich und meine Familie waren auch im vergangenen Jahr dabei. Damals waren sowohl Klettersteige als auch Klettern absolutes Neuland für uns. Und weil es so schön war, sind wir diesem Sport treu geblieben und nehmen dieses Jahr wieder am Grundkurs teil. Es gibt immer was zu lernen und zu verbessern. Außerdem ist die Gesellschaft hervorragend, denn ich bin wieder mit meinen Freunden unterwegs!
Unsere Gruppe besteht dieses Jahr aus 21 Personen. 14 Teilnehmer sind unter 16 Jahren, das muss man sich mal vorstellen! 7 Kinder im Alter von 8 – 12 Jahren und 7 Jugendliche zwischen 14 und 15 Jahren. Einige von uns haben bereits Klettersteig Erfahrung, andere dürfen ihre ersten Erfahrungen an diesem Wochenende machen. Daraus ergibt sich für unsere Tourenleiter eine besondere zusätzliche Herausforderung, nämlich den Ablauf und die Touren so zu gestalten, dass alle, trotz des unterschiedlichen Levels und der großen Altersspanne, ihren Spaß haben und sich weiterentwickeln. Brigitte und Florin haben sich aus diesem Grund mit Anca und Andreas, zwei erfahrene Bergsteiger zur Unterstützung ins Team geholt.
Für dieses Wochenende ist die Erfurter Hütte unser Zuhause. Sie befindet sich auf 1831 Metern Höhe und thront direkt über dem schönen Achensee. Die Zimmerverteilung wird uns diesmal erspart, da wir in das Bettenlager im Dachgeschoss der Erfurter Hütte zugeteilt werden. Wir, die 7 Jugendlichen, quartieren uns natürlich alle im gleichen Lager ein, während die jüngeren Kinder mit ihren Eltern andere Boxen belegen.
Wir wollen direkt nach unserer Ankunft auf den Übungsklettersteig gehen, doch unglücklicherweise beginnt es kurz nach unserer Ankunft heftig zu regnen. Da niemand auf eine Wiederholung oder gar Neueinführung der Grundkenntnisse im Klettersteiggehen verzichten will, erschaffen wir uns in der Hütte unseren eigenen Klettersteig. Die Erwachsenen dienen als Felsen und spannen ein Seil zwischen ihnen quer durch den Aufenthaltsraum. Wir legen die Ausrüstung an, inklusive Helm und gehen nach einer kurzen Einführung den Parcours ab. So lernen oder wiederholen wir alle nochmal die Basics des Klettersteiggehens.
Schon bald endet der Regen und wir beschließen, den hüttennahen Übungsklettersteig Felix & Charlotte doch noch zu begehen. Mit 50 Höhenmetern ist es ein kurzer Klettersteig, der sich bestens für erste Erfahrungen und zum Üben der Gehtechnik eignet. Die Regenpause hält nicht lange an, die letzten unter uns kommen leider nicht ganz trockenen Fußes durch. Abendessen gibt es gegen 19 Uhr, dann geht es für die Jugendlichen auch schon nach oben ins Bettenlager, wo wir lesen, Musik hören und uns unterhalten. Die Erwachsenen beklagen sich, die Jugendlichen würden zu viel Handy spielen, wobei das eigentlich eher wenig der Fall ist. Wozu Handy, wenn man Freunde hat, mit denen man Sachen machen kann.
Am nächsten Morgen sind die Meisten ziemlich müde, werden aber hellwach, als das Frühstück erwähnt wird. Die Rucksäcke, die am Vorabend gepackt worden waren, werden runtergebracht und es wird in aller Eile nochmal geprüft, ob wir alles eingepackt haben, was wir für diesen Tag benötigen, während wir auf Anca warten, die mit der ersten Seilbahn hochfährt.
Endlich gehen wir los. Das erste Ziel für den heutigen Tag ist der Berggipfel Spieljoch (2236 m). Um den eigentlichen Klettersteig begehen zu können, müssen wir zunächst etwa eineinhalb Stunden wandern. Am Klettersteig angekommen teilt uns Florin in die Reihenfolge ein, in der wir den Klettersteig besteigen. Es herrschte eine sehr gute Stimmung, überall wird gelacht und geredet. Anca geht voran, wir, die älteren Jungs folgen ihr gleich. Die jüngeren Mädchen Mara, Charlotte und Enya gehen mit Florin, der sie alle 3 wegen ihres geringen Gewichtes nachsichert. Der Klettersteig ist nicht schwer, macht aber Spaß, da er sich an einem Grat entlang schlängelt. Nach etwa einer Stunde ist der Klettersteig bezwungen und wir erreichen den Gipfel des Spieljochs.
Wir machen ein Gruppenfoto und stärken uns bei einer kurzen Brotzeit. Während für die Meisten das Klettersteig Abenteuer für heute schon zu Ende ist, begibt sich die Gruppe der Fortgeschrittenen, bestehend aus 3 Jugendlichen (Luis, Thomas, Alex) und den Erwachsenen Florin und Cristian, auf einen zweiten, deutlich schwereren und anspruchsvollen Klettersteig, der zum Hochiss führt. Mit 2299 m ist der Hochiss der höchste Berg des Rofans. Der Klettersteig beginnt gleich mit einer senkrechten Wand und ist mit vielen C/D und D Stellen gespickt. Da brauchen wir definitiv Armkraft und Konzentration. Für uns ist das die richtige Herausforderung und wir freuen uns sehr, dass Brigitte und Florin uns dieses Level zutrauen. Nach etwa eineinhalb Stunden anstrengender und kräftezehrender Kletterei erreichen wir den Gipfel. Wir sind glücklich und müde, aber sehr stolz.
Währenddessen steigt der Rest der Gruppe vom Spieljoch ab und begibt sich zu den Kletterfelsen an der Grubastiege, wo Anca und Andreas Kletterrouten legen. Diejenigen, die zum ersten Mal beim Klettern sind, bekommen eine Einweisung und dürfen sich herantasten und das Klettern und Abseilen ausprobieren. Und dann wird tüchtig geklettert und gesichert. Die Jugendlichen, die bereits letztes Jahr dabei waren, wie meine Schwester Emilia, Luis und Thomas, dürfen unter Aufsicht eines Erwachsenen ebenfalls sichern.
Auf unserem Rückweg zur Hütte machen wir einen Abstecher zum Kletterfelsen, um wieder mit der Gruppe zusammen zu sein. Ein paar Mal dürfen wir auch noch klettern. Da alle etwas geschafft sind, werden die Seile eingesammelt und wir steuern die Hütte an.
An diesem Abend dürfen wir an einem besonderen Event teilhaben, denn an diesem Samstagabend finden in Tirol die Sonnwendfeuer statt. Brigitte hat mit Absicht dieses Wochenende für unsere Unternehmung ausgewählt, damit wir mal ein Sonnwendfeuer in den Bergen erleben. Nach dem Abendessen begeben wir uns freudig auf die große Terrasse, machen es uns in Decken gehüllt auf den Bänken und Tischen gemütlich, sitzen da wie im Kino und bewundern das Spektakel. An vielen Stellen im gegenüberliegenden Karwendel, sowie auf dem Ebner Joch links von uns und dem vordersten Gipfel der Dalfazer Wände rechts von uns, die nur wenige 100 m von der Erfurter Hütte entfernt sind, brennen Sonnwendfeuer. Es ist wunderschön, wir genießen fröhlich die Ausblicke.
Heute Abend wird wegen der Sonnwendfeuer von der Hüttenruhe um 22 Uhr eine Ausnahme gemacht, wegen großer Müdigkeit gehen wir Jugendlichen an diesem Abend dennoch frühzeitig schlafen.
Am nächsten Morgen eilen alle, wie auch am Tag zuvor, zum Frühstück, um dann noch hastig die Ausrüstung zu prüfen. Edith und ihre 4 Enkel:innen kommen heute nicht mehr mit auf den Klettersteig, da sie einen sehr weiten Heimweg haben. Sie beschließen, mit Brigitte noch eine kleine Wanderung zu machen, bevor sie sich verabschieden.
Für den Rest der Gruppe geht es heute über den Klettersteig zur Haidachstellwand (2192 m), wo alle nochmal zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Bis zum Einstieg des Klettersteiges wandern wir erneut etwa eineinhalb Stunden, an unserem Kletterplatz Grubastiege vorbei.
Nach etwa einer Stunde Klettersteig-Kraxelei, einigen Pausen und ein paar Keuchern war auch dieses Hindernis überwunden. Am Gipfel der Haidachstellwand angekommen, beglückwünschen wir uns für das Erreichen des Ziels, machen das obligatorische Gipfelfoto, Brotzeit und begeben uns über den Wanderweg auf den Rückweg. An der Hütte spendiert Brigitte uns Kindern und Jugendlichen als Belohnung für unsere tollen Leistungen an diesem Wochenende aus dem „Jugendbudget“ ein Stück Kuchen und ein Getränk. Beschwingt von den zahlreichen Eindrücken des Wochenendes genießen wir die letzte gemeinsame Stunde.
Dieses Wochenende Mitte Juni lässt sich leicht beschreiben: Es war ein tolles Wochenende, dass wir so schnell nicht vergessen werden, auch wegen des eher unangenehmen Regen, der am Freitagnachmittag exakt in dem Moment begann, als wir auf den Übungsklettersteig gehen wollten. Unvergesslich ist das Wochenende aber vor allem wegen den vielen tollen Erlebnissen, den Herausforderungen und nicht zuletzt wegen der tollen Gruppe.
Wie alles, was schön ist, ist dieses Wochenende viel zu schnell vergangen. Wir verabschieden uns voneinander, mit dem Versprechen, auch nächstes Jahr dabei zu sein.
Ioannis (15 Jahre):
Im Rofan hatte ich meinen ersten Kontakt mit der Sportart Klettern und mit Klettersteigen. Mir wurde alles sehr präzise erklärt, sodass ich mich beim Übungsklettersteig gleich einfinden konnte. Mir ist diese Sportart direkt ans Herz gewachsen. In den darauffolgenden Tagen haben wir zwei Klettersteige gemeistert. Bei beiden war der Aufstieg etwas anstrengend, aber ich finde, es hat sich gelohnt. An den Blick in die Tiefe musste ich mich zuerst gewöhnen, auch das Abseilen beim Klettern war zunächst sehr ungewohnt. Man muss der Person, die sichert, wirklich vertrauen, aber dann macht es Spaß. Nach den beiden Klettersteigen haben wir zusammen gegessen und es wurden sehr viele Fotos gemacht.
Man lernt zudem viele Menschen kennen und gewinnt schnell neue Freunde. Mir haben diese drei Tage sehr viel Spaß gemacht und ich freue mich bereits auf das nächste Klettersteigwochenende.
Ioana:
Es war super. Wir freuen uns jederzeit, wenn wir dabei sind und wir danken euch, Brigitte und Florin, dass ihr so etwas organisiert.
Von Alexander Chereji (15 Jahre) und Brigitte Jöhl