Unser Ziel an diesem Septemberwochenende vom 15. – 17.09.23 ist das Ferienhaus Bergblick in Längenfeld, Ötztal. Wir sind zu 15. unterwegs, davon 7 Jugendliche der Sektion. Wir begrüßen zunächst die übliche Klettergruppe und die neuen Gesichter und machen uns dann gleich an die Arbeit. Da wir in einer Privathütte übernachten, müssen wir uns selbst versorgen. Das Abendessen kochen wir zusammen, mit den Lebensmitteln, welche Brigitte für alle besorgt hat. Schon jetzt merkt man, dass die Gruppe sich gut versteht. Während die Jugendlichen Karten spielen und Musik hören, stimmen sich die Erwachsenen beim gemeinsamen Kochen auf die nächsten zwei Tage ein, welche nicht nur durch gutes Wetter und wunderschöne Landschaften geprägt sein werden, sondern auch durch die angenehme Stimmung und die Kletterbegeisterung unserer Truppe.
Samstagvormittag geht es nach einem gemeinsamen Frühstück auf zu unserem ersten Klettersteig: Den „Zirbenwald“ in Obergurgl. Zunächst müssen wir jedoch die Sicherheitsregeln wiederholen. Mit den Erwachsenen als “Drahtseilhalter” können die Jugendlichen das korrekte Umhacken ihrer Karabiner einüben, und nach dem üblichen Partnercheck machen wir uns auf den Weg. Gleich zu Beginn, als wir eine Hängebrücke in ca. 30 Metern über einem Gebirgsbach überqueren, müssen wir unsere Schwindelfreiheit und Geschicklichkeit beweisen. Schon allein der Anblick der hölzernen Hängebrücke macht Spaß. Gemeinsam können wir diese kleine Mutprobe einwandfrei bewältigen.
Nach der Brücke folgt ein einfacher Anstieg mit Schwierigkeitsgrad A, bald geht der Weg aber im Schwierigkeitsgrad B und C über, auch zwei weitere, jedoch relativ kurze Seilbrücken liegen auf unserem Weg. Der Klettersteig ist spannend, denn er geht um mehrere Ecken und man weiß nie, was hinter der nächsten Kante auf einen wartet. Wir genießen die Tiefblicke auf den unter uns fließenden Bach und auf die vergletscherten Gipfel des Ötztals. Nach etwa 1,5 Stunden Klettersteig Abenteuer erreichen wir den Ausstieg, wo wir auf einer Wiese eine längere Pause einlegen, um uns mit unserer Brotzeit zu stärken. Danach steigen wir auf einem Wanderweg wieder nach Obergurgl ab.
Der Tag ist noch lang und wir sind für heute noch nicht fertig. Für den Nachmittag haben wir uns den Klettersteig „Stuibenfall“ in Umhausen vorgenommen. Dafür fahren wir mit den Autos talauswärts bis zum “Ötzidorf” in Umhausen, von wo wir wieder zu Fuß zum Einstieg des Stuibenfall – Klettersteigs unterwegs sind. Das Anziehen der Klettersteigausrüstung am Einstieg geht schnell, da nun jeder weiß was zu tun ist. Nach wenigen Minuten sind alle startbereit – Auf geht’s zum zweiten Abenteuer am heutigen Tage!
Zunächst überqueren wir den Stuibenbach über eine sehr wackelige Seilbrücke und wandern noch eine Weile durch den spätsommerlichen Wald, bevor wir dann mit dem richtigen Klettersteig beginnen. Auf unserer Route liegen einige steile Felswände, an denen wir mit Geschick und Dank der zahlreichen Tritthilfen hochklettern. Die Schwierigkeit dieses Klettersteigs befindet sich meist im B-Bereich, auch wenn einige C-Stellen etwas mehr Kraft erfordern. Zum Schluss steht uns der spannendste Teil bevor: Das Überqueren einer weiteren Seilbrücke, die in atemberaubender Höhe direkt über das obere Ende des Stuibenfalls führt. Mit 159 Metern Höhe ist der Stuibenfall der längste Wasserfall Tirols. Gigantisch und atemberaubend, wie die Wassermassen sich hier in die Tiefe stürzen.
Der Rückweg zum Parkplatz ist ebenfalls spektakulär. Er führt über eine sehr lange, schwebende Stahlbrücke mit vielen Stufen, die vom oberen Teil des Klettersteigs über das gesamte Tal bis zum gegenüberliegenden Hang führt. Ein beeindruckendes Bauwerk. Aussichtsplattformen an und auf der Brücke erlauben es uns, das Naturwunder Stuibenfall aus der Nähe zu betrachten.
Anschließend kehren wir zu unserer Hütte zurück und genießen den gemeinsamen Abend. Die Jugendlichen spielen sowohl in der Hütte, als auch im Freien, in der Dunkelheit, Verstecken, während die Erwachsenen sich bei netten Gesprächen und Wein am erfolgreichen Tag erfreuen.
Für Sonntag haben wir uns nur einen, dafür aber besonders anspruchsvollen Klettersteig vorgenommen. Der Klettersteig am „Lehner Wasserfall“ in Längenfeld beginnt mit einer langen Einstiegswand, deren Schwierigkeitsgrad bei C liegt und vor allem unsere Ausdauer erfordert. Er führt uns über steile Ecken und spektakuläre Felsrampen durch die frühherbstliche Natur. In luftiger Höhe führt nach links eine Abzweigung zu einer sehr schweren Variante der Kategorie D/E. Die lassen wir links liegen und steigen geradewegs hinauf. Nach wenigen Metern stehen wir an einer erneuten Verzweigung. Hier muss man sich zwischen einem kleinen Überhang mit Kat D/E, der viel Kraft und Geschick erfordert, um ihn zu überwinden, oder einer leichteren Umgehung mit Kat B entscheiden. Beide Wege treffen danach wieder zusammen. Viele unter uns versuchen diesen Überhang zu überwinden, aber nur wenige schaffen es! Diejenigen, die es schaffen, sind mega stolz!
Überhang, Foto: Brigitte Jöhl Felsrampe, Foto: Brigitte Jöhl
Das Highlight des Klettersteigs und somit der Höhepunkt des gesamten Wochenendes steht uns noch bevor: Wir müssen über eine lange Seilbrücke, in luftiger Höhe, den wild tosenden Lehner Wasserfall überqueren. Brigitte und Florin haben uns, ohne dass wir es ahnten, mit Hilfe der anderen Klettersteige und der vielen unterschiedlichen Seilbrücken, Stück für Stück auf diese Challenge vorbereitet. Es ist die spektakulärste, längste und gleichzeitig anspruchsvollste Seilbrücke unseres Wochenendes. Respektvoll überqueren wir einer nach dem anderen die Brücke über den Lehner Wasserfall. Der Ausblick ins Tal ist atemberaubend, das tosende Wasser unter unseren Füßen und die Gischt machen unser Abenteuer vollkommen. Es erfordert Kraft, Mut und Konzentration diese Brücke zu überwinden. Ein Ausrutschen würde bedeuten, dass man in luftiger Höhe über dem Wasserfall am Stahlseil baumelt. Ein Hochziehen zurück auf das Stahlseil würde eine ernsthafte alpine Rettungsaktion durch unsere Tourenleiter bedeuten. Das will Keiner riskieren und so geht jeder einzelne diese Challenge hochkonzentriert an. Alle schaffen es, den Wasserfall sicher zu überqueren und sind am Sammelplatz einfach nur stolz, unsagbar glücklich und dankbar für dieses wunderbare Erlebnis!
Alex am Lehner Wasserfall, Foto: Brigitte Jöhl Lisa am Lehner Wasserfall, Foto: Brigitte Jöhl
Nachdem wir nun drei so schöne und abenteuerliche Klettersteige gemeistert haben, wünscht sich unsere Gruppe einen gemeinsamen Abschluss unseres Wochenendes, deshalb fahren wir in eine Eisdiele in Längenfeld und lassen unsere Erlebnisse Revue passieren und genießen noch eine Weile die Gesellschaft. Wir bedauern es, dass dieses wundervolle Wochenende sich dem Ende neigt, sind dankbar für die vielen schönen Momente und freuen uns schon auf die nächste gemeinsame Tour.
Thomas (14 Jahre): Die Klettersteige haben viel Spaß gemacht, insbesondere die vielen Seilbrücken. Und wir Jugendliche hatten, vor allem beim Verstecken im Dunkeln, viel Spaß miteinander. Wir kennen uns ja auch schon von anderen Touren.
Chris: Ein hervorragendes Wochenende mit tollen Klettersteigen und tollen Menschen. Hätte man mir vor 2 Jahren gesagt, dass ich solche Klettersteige gehen und in den Wänden hängen würde, hätte ich geantwortet: „Nie im Leben“. Die Klettersteige waren in der richtigen Reihenfolge geplant, jedes Mal ein Stückchen herausfordernder, so dass man jede Hürde gut meistern konnte.
Britta: Das Klettersteig-Wochenende im Ötztal war spitzenmäßig. Wie immer hervorragend organisiert von Brigitte. Die Klettersteige haben sich immer weiter gesteigert, Höhepunkt war natürlich die Seilbrücke am Lehner Wasserfall. Die Jugendlichen haben sich toll verstanden, obwohl manche sich zum ersten Mal getroffen haben. Die gesamte Gruppe war total harmonisch, alle wurden integriert. Jeder hat sich beim Küchendienst und auch bei der Endreinigung eingebracht und hat mitgeholfen. Ein gelungenes Wochenende mit Traumwetter. Das schreit nach Wiederholung!
Von Lisa Wellmann (15 Jahre) und Brigitte Jöhl