
Florins Feedback bringt unser Wochenende auf den Punkt: „Brigitte, Fritz und ich haben als Tourenleiter das Wochenende voll mit Aktivitäten, bis ins Detail, geplant. Allerdings haben wir vergessen, dass es kein Schwimmbadkurs ist, sondern ein Kurs in der freien Natur. Der Freitag verlief nach Plan. Der einsetzende Regen Freitagabend und in der Nacht zum Samstag hat uns zum Umplanen gezwungen. Es folgten 2 Tage, wo wir zwischen Regenschauern, Wolken und Windböen, gewandert, geklettert und Klettersteig gegangen sind. Die Natur hat unser „Schönwetter Szenario“ in eine reale Bergtour geändert und uns einen zusätzlichen Lehrinhalt gegeben.“
Ziel unseres Grundkurses im Rofan, vom 22.07.22 – 24.07.22, ist es die Jugendlichen und ihre Eltern mit den spannenden Aktivitäten, Klettern und Klettersteiggehen, direkt am Felsen bekannt und vertraut zu machen. Dabei sind uns das gemeinsame Erlebnis, der Spaß und die Freude an den Aktivitäten und miteinander ebenfalls sehr wichtig.
Unsere Gruppe besteht aus 7 Jugendlichen im Alter von 12 – 14 Jahren und 7 Erwachsenen. 2 Kinder dürfen dieses Mal sogar ohne Begleitperson dabei sein, da sie mit mir schon öfters unterwegs waren und ich weiß, dass sie sich in das Geschehen problemlos einfügen. Zu unserer Freude wird unsere sonst sehr Jungs lastige Jugendgruppe dieses Mal durch 2 Mädchen aufgelockert.
Unser Basislager für dieses Wochenende ist die auf 1831 m hoch, direkt über dem türkisblauen Achensee, gelegene Erfurter Hütte. Obwohl sich nicht alle Teilnehmer kennen, wird schnell entschieden, dass die Kinder das eine Zimmer und die Erwachsenen das andere Zimmer nehmen. Die Atmosphäre in der Gruppe ist von Anfang an locker und gelöst, alle sind voller Vorfreude und gespannt auf das was sie erwartet.
Wir wollen unsere „Schützlinge“ nicht weiter warten lassen und starten gleich am Freitagnachmittag mit unserem Kurs. Das Abendessen auf der Terrasse, mit der wunderbaren Aussicht auf das gegenüberliegende Karwendel und den See, müssen wir uns erst verdienen! Wir treffen uns mit unserer Klettersteigausrüstung vor der Hütte, marschieren zu dem nahe gelegenen Familien-Klettersteig „Felix und Charlotte“, der nach den Kindern des Grundstückeigners benannt ist. Mit 50 Höhenmetern ist es ein kurzer Klettersteig. Er ist mit steileren Passagen gespickt und eignet sich daher bestens, um erste Erfahrungen im Klettersteig zu sammeln. Für uns perfekt.

Florin schnappt sich die Klettersteigerfahrenen „Könner-Kinder“. Sie erklimmen den Klettersteig, um die Technik und Sicherheitsaspekte wieder in Erinnerung zu rufen.
Die Klettersteigneulinge bekommen von Fritz und mir zuerst eine ausführliche Einweisung in Ausrüstung, Gehtechnik, Verhalten am Klettersteig und Gefahren. Kinder, wie Erwachsene sind sehr motiviert und hören konzentriert zu. Nun machen auch wir uns auf den Weg zum ersten Klettersteigerlebnis. Die Gefühle der Neulinge sind gemischt. Vorsichtig und noch etwas unsicher werden die ersten Schritte am Fels, die ersten Umhack-Versuche der Karabiner am Stahlseil vorgenommen. Immer wieder zeigen Fritz und ich, wie man es richtig macht und wir geben Tipps. Es macht Spaß zu sehen, wie die Begeisterung mit zunehmendem Vertrauen in die Ausrüstung und die eigenen Fähigkeiten bei den Anfängern steigt. Nach 15 – 20 Minuten sind wir schon am Ende des Klettersteigs angekommen. Weil’s so schön ist, begehen wir den Klettersteig gleich ein zweites Mal. Danach sind alle der Meinung, dass sie begriffen haben worauf es ankommt und dass sie sich für die geplante Klettersteigtour zur Haidachstellwand gewappnet fühlen.
Es ist herrlich zu sehen, wie schnell die Gruppe zusammenwächst. Wir haben nach kürzester Zeit praktisch keine Kinder dabei! Sie sind von Anfang an sehr selbstständig, immer alle zusammen – am Tisch beim Abendessen, beim Kartenspielen, beim gemeinsamen Handyzocken.
Hüttenruhe ist, wie überall 22 Uhr.
Wirklich? … während wir Erwachsenen uns kurz nach 22 Uhr in die Federn begeben, denken unsere Jugendlichen noch lange nicht daran. Die Wände zwischen den Zimmern sind sehr dünn, so dass wir die Kinder nebenan hören können. Sie kichern, plaudern und haben bereits am 1. Abend unheimlichen Spaß. Ich liege zufrieden in meinem Bett und amüsiere mich über diese tolle Jugendgruppe. Was will man mehr? Sie verstehen sich super und haben einfach Freude und Spaß miteinander.

Bereits Freitagabend setzen gewittrige Schauer ein und es regnet die ganze Nacht. Der Samstagmorgen ist wolkenverhangen, die Prognose sagt weitere mögliche Regenschauer an – das Wetter ist gar nicht einladend. Unsere große Klettersteigtour, auf die alle so brennen, muss verschoben werden, in der Hoffnung, dass wir sie am Sonntag durchführen können. Wir können es nicht riskieren im Klettersteig von einem weiteren Regenschauer überrascht zu werden. Klettern können wir bei den nassen Felsen auch nicht. Wir beschließen Plan B und begeben uns am Vormittag auf eine Wanderung zum Hochiss (2299 m), um von dort, sofern es trocken bleibt, über den Streichkopf zur Dalfazalm abzusteigen. Es bleibt trocken! Am Streichkopf müssen wir eine drahtseilgesicherte Rinne hinabklettern. Genau an dieser Stelle, auf einem grasigen Vorsprung, erblicken wir ein paar Edelweiß und freuen uns diese den Kindern zeigen zu können. Für einige von Ihnen ist es das erste Edelweiß, das sie je gesehen haben.


Nach der Steilpassage gelangen wir an eine flachere Stelle an der bereits einige Steinmännchen stehen. Dieser Platz ist wunderschön und lädt einfach zum Verweilen ein, also machen wir hier unsere vorgezogene Mittagspause. Es ist noch nicht einmal 12 Uhr und Hunger hat auch Keiner! Aber die wärmenden Sonnenstrahlen blinzeln leicht durch die Wolken und betten die Steinmännchen in ein zauberhaftes Licht. Zusammen mit den Karwendel-Gipfeln im Hintergrund ist das eine herrliche Kulisse. Kinder und Erwachsene packt die Lust hier ein eigenes Steinmännchen zu hinterlassen. Es ist schwer die Gruppe zum Weitergehen zu motivieren. Wir wollen jedoch am Nachmittag noch zum Felsen – endlich zum Klettern, also bleibt uns nichts anderes übrig als die Rucksäcke zu schultern und weiterzugehen.
Vater-Sohn Steinmännchen, Foto: Brigitte Jöhl Steinmännchen bauen, Foto: Brigitte Jöhl
Zurück an der Erfurter Hütte, machen wir eine einstündige Pause. Anschließend begeben wir uns mit unserer Kletterausrüstung zu unserem, ca. 20 Minuten entfernten, Kletterfelsen – „der Grubastiege“, die mehrere Routen von 3+ bis 6a für uns parat hält. Dort angekommen, legen die Kinder sofort ihre Klettergurte, Helme und Kletterschuhe an und können es kaum erwarten kraxeln zu dürfen. Florin legt 4 Routen, Fritz sichert ihn, währenddessen zeige ich unseren Kletterwilligen den 8-er Knoten, damit sie diesen im Sicherungsseil selber knoten können. Alle üben eifrig mit der Reep Schnur bis sie den 8er beherrschen!
Florin, Fritz, Octavian und ich sichern, während alle anderen darauf brennen eine Route nach der anderen zu klettern. Dieser Tatendrang der Jugendlichen, aber auch der Eltern, die Freude und Begeisterung die hier bei allen spürbar ist, erfüllen mich mit Glück. Es ist ein buntes, lebendiges Bild das wir hier abgeben. Die Kinder, die warten müssen bis eine Route frei ist, sitzen zusammen und spielen Karten. Gut, dass sie daran gedacht haben die mitzunehmen, so wird das Warten kurzweilig.
Klettern – Grubastiege, Foto: Brigitte Jöhl Klettern – Grubastiege, Foto: Florin Zalum Klettern – Grubastiege, Foto: Ioana Chereji
Der Himmel verdunkelt sich und ich bin noch nicht geklettert. Schnell binde ich mich ins Seil ein und schaffe es gerade so eine Route zu klettern bevor es zu regnen beginnt. Der angekündigte gewittrige Regenschauer ist da und vertreibt uns nach ca. 2 h von unserer wunderbaren Kletterstelle.
Ana hat keine Regenjacke oder Schirm dabei. Sie watet in ihrem Pulli in dem prasselnden Starkregen direkt vor mir in Richtung Hütte. Nach kurzer Zeit ist sie völlig durchnässt. Ich mache einen Scherz und Ana dreht sich vergnügt um. Sie scheint die kalten, großen Regentropfen, die ihr auf den Kopf und ins Gesicht fallen zu genießen. Was soll sie auch schon machen? Sie wird nass, bis auf die Haut, sie hat gar keine andere Chance. Wir fangen beide an zu lachen und ich mache ein schönes Erinnerungsfoto von ihr. Wir sind ja gleich in der warmen Hütte, wo eine warme Dusche und trockene Kleidung auf uns wartet, da kann man die Regendusche auch schon mal genießen.

Der Sonntag beginnt mit herrlichem, sonnigem Wetter- wie vorhergesagt. Alle freuen sich, denn eines ist klar, heute klappt es endlich mit der Besteigung der Haidachstellwand über den B-C- Klettersteig. Und für danach, planen wir nochmal eine Klettereinheit an unserer Grubastiege, weil wir einfach noch nicht genug davon haben.
Den Einstieg zum Klettersteig Haidachstellwand erreichen wir nach 1 Stunde wandern. Ich erinnere nochmal an die wichtigsten Sicherheitsaspekte und lege die Kletterreihenfolge der Teilnehmer fest, im Wechsel 1 Kind, 1 Erwachsener, damit dem Kind bei Bedarf geholfen werden kann. Für die Kinder gibt es noch eine Challenge, die lautet, möglichst keine Steine loszutreten. Wer das schafft, bekommt als Belohnung von mir an der Hütte ein Stück Kuchen spendiert – aus dem Budget, dass mir von der Sektion für die Jugendgruppe zur Verfügung gestellt wird. Die Challenge kommt gut an und sie geben sich wirklich Mühe keine Steine loszutreten. Die Haidachstellwand ist mit den steilen C-Passagen insbesondere für die Klettersteigneulinge eine echte Herausforderung, es kostest Kraft sich an Steilstellen hochzuziehen und ich muss hin und wieder darauf hinweisen, dass so früh wie möglich umgehackt werden muss. Nach ca. 1,5 h Keraxeln werden wir kurz nach dem Ausstieg aus dem Klettersteig mit mehreren Büscheln Edelweiß belohnt. Wir können diese Pracht kaum fassen. So viele Edelweiß – Einfach nur schön! (siehe Bild 3)

Überglücklich kommen wir am Gipfel an, wo wir unsere wohlverdiente Brotzeit und das obligatorische Gipfelfoto machen. Danach steigen wir wieder ab und gehen direkt zu unserem Kletterfelsen. Die Kletterausrüstung hatten wir beim Anstieg zum Klettersteigt im Gebüsch in der Nähe des Felsens versteckt und so kann Florin gleich wieder Kletterrouten für uns vorbereiten. Wir klettern bis ca. 15 Uhr. An der Hütte angekommen, gibt es selbstverständlich für alle Kinder noch den versprochenen Kuchen und eine Feedbackrunde.

Impressionen der Teilnehmer:
Emilia (12 J) und Alex (14 J): „Es hat uns großen Spaß gemacht mit der Gruppe Klettern zu gehen, vor allem da auch andere Kinder dabei waren. Brigitte, Fritz und Florin waren sehr geduldig, nett und hilfsbereit. Wir können die nächste Tour kaum erwarten, besonders um mit unseren neuen Freunden wieder wandern und klettern zu gehen.“
Lisa (14 J): Das Wochenende hat sehr viel Spaß gemacht. Der Klettersteig am Sonntag war eine Herausforderung, aber auch ein sehr schönes und aufregendes Erlebnis. Herausfordernd waren v. a. neue Situationen, als uns Leute entgegenkamen oder Stellen wo es kaum Griffe gab. Ich bin sehr stolz mich an diesem Wochenende soviel getraut und gelernt zu haben.“
Jakob (12 J), Thomas (13 J), Luis (14 J): Das Klettern hat am meisten Spaß gemacht, vor allem die 6er Route war eine Herausforderung, die wir aber geschafft haben. Es war einfach toll mehrere Tage mit anderen Kindern zu verbringen.
Ana: Ich habe mich sehr gefreut, dabei sein zu dürfen, tolle Menschen um mich zu haben und spannende und lustige Geschichte zu hören. Es war nie langweilig und die Aktivitäten waren sehr vielfältig – von Wanderung bis Klettern. Die Landschaft ist wunderschön und das Wetter war perfekt – inclusive frischer Dusche auf dem Rückweg vom Klettern! Es hat alles gepasst und uns gefreut!
Ioana und Christian: Nie ist es zu spät etwas zu lernen. Wir haben zusammen mit unseren Kindern in einer tollen Gruppe klettern gelernt. Die Kinder hatten sehr viel Spaß zusammen, wir ebenso. Ein wunderbarer Ausflug. Wir freuen uns auf die nächsten gemeinsamen Exkursionen.
Fritz: Auch für mich war es ein sehr schönes Wochenende. Die Begeisterungsfähigkeit und Ausdauer der Jugendlichen haben mich beeindruckt. Nette Gespräche am Abend haben unsere Tagestouren bereichert und angenehm ausklingen lassen.
Brigitte: Für mich war es in jeder Hinsicht ein sehr schönes, intensives und harmonisches Wochenende an dem alles gepasst hat. Das schönste Geschenk für mich als Tourenleiterin, ist es in die zufriedenen, strahlenden Gesichter meiner Schützlinge zu schauen und das entfachte Feuer für diese Aktivitäten zu spüren.
Lieber Florin und lieber Fritz, ich danke euch von Herzen für eure Unterstützung in der Vorbereitung und der Durchführung des Kurses und für die liebevolle und geduldige Betreuung der Teilnehmer. Ohne euch könnte ich so etwas nicht bewerkstelligen.
Der 2. Grundkurs für die Jugendlichen- mit oder ohne Eltern, wartet schon auf uns.