Wie die Jahre zuvor, fand auch 2021 im Juli die sektionsinterne Ausbildung Firn und Eis auf der 2795 m hoch gelegenen Braunschweiger Hütte in den Ötztaler Alpen statt. Inhalte dieser Ausbildung sind Techniken zum Begehen von Gletschern in Seilschaften, Kennenlernen und Umgang mit Steigeisen, Eispickel, Eisschraube, sowie Spaltenbergung.
Mit 19 Teilnehmern aus 9 Nationen und 11 Volksgruppen, wenn man Basken und Siebenbürger Sachsen als Volksgruppe dazuzählt, waren wir eine ziemlich große, bunte und lustige Multi-Kulti-Truppe.
Der Aufstieg zur Braunschweiger Hütte erfolgt, nach einem Materialcheck, am Freitagnachmittag aus dem Pitztal. Wie Ameisen reihten wir uns in die Schlange ein und liefen Yuri, der den Weg durch den Schnee spurte, hinterher. Es war bereits Juli, dennoch hatte es oberhalb von 2000 m wenige Tage zuvor kräftig geschneit. Der Winter wollte in diesem Jahr nicht weichen. Nach einem ca. 1,5 h Marsch erreichten wir die Hütte, bezogen unser Quartier und versammelten uns zum Abendessen.
Nach dem leckeren Abendessen ging es dann ans Auffrischen und Üben der wichtigsten Knoten. Hans brachte uns seinen neuen Lieblingsknoten bei, den sogenannten Schmetterlingsknoten. Mit diesem sichert man sich auf Hochtouren in der Seilschaft, indem man ihn in das Seil knotet und sich mit seinem Karabiner daran festseilt.
Am Samstag machten wir uns bei strahlendem Sonnenschein voller Vorfreude auf zum Fernerkogel Gletscher. Für viele von uns war das Neuland und die erste Hochtour überhaupt. Kurz bevor wir auf den Gletscher gingen, wurden wir in die Seilschaften eingeteilt. Da wir 19 Personen waren, bildeten wir 4 Seilschaften. Jede Seilschaft wurde von einem erfahrenen Hochtourengeher geführt. Dies waren Hans und seine Hospitanten Yuri, Miguel und Codrin.
Hans klärte uns noch über die existierende Steigeisentypen auf, zeigte uns wie wir diese anlegen sollen, prüfte ob alle die Steigeisen korrekt angelegt hatten und ob alle sich ordnungsgemäß in den eigens geknoteten Schmetterlingsknoten eingehackt hatten. Des Weiteren erklärte er uns wie man in einer Seilschaft geht. Nun konnte es endlich los gehen. Eine Seilschaft nach der anderen machte sich auf den Weg zu unserem heutigen Ziel, dem 3278 m hohen Linken Fernerkogel.
Die Kulisse mit der Braunschweiger Hütte zu unserer rechten Seite, dem Linken Fernerkogel vor uns und den schroffen Felswänden zur linken Seite war atemberaubend schön. Diese herrliche Kulisse, das schöne, sonnige Wetter mit den milden Temperaturen und die Freude endlich auf den Gletscher gehen zu können, sorgten bei allen Teilnehmern für gute Laune. Wir hatten mit dem Wetter wirklich Glück, denn viele Wochenenden davor waren von Kälte, Regen und Schnee geprägt.
Unsere Seilschafts-Anführer machten einen tollen Job. Sie ermahnten uns, sobald wir ein „Schlappseil“ hatten, erklärten uns, dass bei einem Schlappseil der Sturz in eine Gletscherspalte tiefer und hefiger sei, da die Seilschaftskameraden den Sturz nicht so schnell abfangen könnten wie bei einem gespannten Seil.
Auf dem Gletscher lag recht viel Neuschnee, so dass wir zu unserem Bedauern keine Spalten zu sehen bekamen, was dazu führte, dass sich unsere Gletscherbegehung eher wie eine Winterwanderung anfühlte. Dennoch mahnte Miguel immer wieder zur Vorsicht, denn die Spalten seien definitiv da, auch wenn wir sie nicht sehen können. Miguel hat unsere Begehung aufgezeichnet und mit einem Foto des Ferkerkogel-Gletschers überlagert und hat uns damit gezeigt, dass wir viele Spalten überquert hatten. Beim Anblick der Aufzeichnung wurde uns klar, wie wichtig und wertvoll die erlernten Geh- und Sicherungstechniken im Ernstfall sind.
Nach einer Weile verließen wir die Standardroute zum Linken Fernerkogel und machten einen leichten Abstecher zu einem Steilhang an dem wir das Gehen mit dem Eispickel übten. Wir lernten, dass auf Steilstücken jeder alleine mit seinem Pickel gehen muss, damit bei eventuellem Abrutschen nicht die gesamte Seilschaft mitgerissen wird.
Oberhalb des Steilstückes übten wir für eine Weile an einem kleinen Abhang Abseilen und Spaltenbergung – Fremdbergung und Selbstbergung. Anschließend bildeten wir wieder unsere Seilschaften und erklommen binnen 30 Minuten den 3278 m hohen Linken Fernerkogel. Wir zwängten uns alle auf den engen Gipfel, saßen da wie Hühner auf der Leiter und genossen die grandiose Aussicht. In jede Richtung waren nur Berge zu sehen und unter uns Gletscher, die sich die Täler hinabschlängelten.
Wir lagen sehr gut in der Zeit und das Wetter war auch nachmittags immer noch stabil, so dass wir auf dem Rückweg getrost noch eine Übungseinheit einlegen konnten. Hans suchte einen passenden Hang an dem er uns zeigte, wie man eine Eisschraube ins Eis dreht und wie man mit 2 Eisschrauben, einem Stückchen Reepschnur eine Selbstsicherung – die sogenannte Sonnenuhr, baut. Diese Selbstsicherung verwendet man um sich Abzuseilen, ohne dass man seine Eisschraube dabei zurücklassen muss.
Über Nacht gab es einen Wetterumschwung. Am Sonntagmorgen regnete es und für kurze Zeit schneite es sogar. Wir stellten uns innerlich auf einen Übungsvormittag bei Schmuddelwetter und Kälte ein. Jedoch war uns der Wettergott wirklich wohlgesonnen, denn bis wir uns abmarschfertig machten verzog sich das schlechte Wetter und wir bekamen tatsächlich nochmal strahlenden Sonnenschein. An unserer nächsten Übungsstätte, der Gletscherkante am Ende des Fernerkogel-Gletschers in Hüttennähe, übten wir erneut Spaltenbergung mit Hilfe eines kleinen Gerätes – dem Microtraction. Die Übungen fühlten sich sehr realistisch an, da wir dieses Mal tatsächlich am blanken Eis übten.
Um die Mittagszeit beendeten wir schweren Herzens unsere Übungseinheiten und traten den Fußmarsch zu unseren Autos an. Die Teilnehmer lobten die Fachkompetenz, die Geduld von Hans und seinen Hospitanten, sowie die traumhafte Kulisse und fanden die vielen praktischen Übungen sehr hilfreich. Zudem waren alle beeindruckt von der Internationalität der Gruppe fanden die bunte Mischung über 9 Nationaltäten und 11 Volksgruppen toll.
Martin: „Über die zwei Tage haben wir unserer Kenntnisse zum Anseilen und Verhalten am Gletscher vertiefen und mit vielen praktischen Übungen am Eis festigen können. Das Highlight war die Gipfelbesteigung und natürlich die urig-gemütlichen Hüttenabende in gewohnter internationaler Atmosphäre der Sektion Karpaten“
Simon: „Meine erste Hochtour direkt mit dem DAV Karpaten und die Tourenleiter hätten nicht besser sein können. Ich habe viel Neues gelernt und hatte ganz viel Spaß bei den gemeinsamen Hüttenabenden“.
Christina: „Die grauen, regnerischen Tage dieses Sommers in der Stadt dämpften früher meine Laune. Jetzt schließe ich die Augen und erinnere mich an die Kurse mit der Sektion Karpaten und lächle vor Freude. Das Eis, der Schnee, die Leute … es gibt nichts Besseres.“
Naiara: „Meine erste Hochtour mit Gletscher. Ich bin sehr dankbar, dass ich an diesem Kurs von dem unglaublichen DAV Karpaten Team teilgenommen habe.
An alle Bergfreunde, die mehr lernen, Erfahrungen sammeln, neue Techniken üben oder einfach nur mit tollen Menschen Spaß haben wollen, macht einfach mit!
Günter: Unsere kleine Sektion vereint inzwischen nicht nur Bergfreunde innerhalb des Karpatenbogens, sondern aus ganz Europa. In diesem Fall aus Deutschland, Rumänien mit Siebenbürgen, Spanien mit Baskenland, Russland, Weißrussland, Tadschikistan, Ukraine, Kasachstan und Osterreich.
Markus: Trotz der unterschiedlichen Sprachen, war es nie ein Problem sich mit allen zu unterhalten. Am ersten Tag musste man sich ein bisschen herantasten und herausfinden ob Kommunikation besser in Deutsch, Rumänisch, Spanisch oder dann doch in Englisch stattfinden sollte.
Auf jeden Fall hat die Kommunikation super funktioniert. Bereits am ersten Abend kannten sich alle und es wurde kreuz und quer miteinander geplaudert und gelacht. Diese Vielfalt an unterschiedlichen Nationen, Kulturen und Sprachen ist inzwischen zum Markenzeichen unserer Sektion geworden. Wir können auf den starken Internationale Zustrom stolz sein, denn er bedeutet, dass sich bei uns alle, unabhängig ihrer Herkunft, Willkommen und wohl fühlen. Zugleich ist diese bunte Mischung erfrischend und ein Garant für spannende und interessante Gespräche.