Unser Gletschererlebnis begann schon lange vor dem Antritt der Reise in das schöne Ötztal. Voller Vorfreude verbrachten wir die Tage vor der Ausbildung „Firn und Eis“ der DAV-Sektion Karpaten vom 03.-05.07.2020 in verschiedensten Sportläden, vor dem Bildschirm beim Auffrischen von Bergwissen und grübelnd vor der langen Ausrüstungs- und Packliste. Was ist eigentlich ein Eisgerät, wie legt man Steigeisen an und wie kann mich eine dünne Reepschnur am Gletscher retten?
Voller Fragen und Aufregung kamen wir am Freitagnachmittag in Sölden an und trafen zum ersten Mal die gesamte Gruppe. Nach der kurvigen Auffahrt zum Gletscherparkplatz blieb uns die Aussicht verwehrt; dichter Nebel umfing uns, sodass wir lediglich unseren Vordermann in den Nebelschwaden ausmachen konnten. So machten wir uns mit teilweise zu voll bepackten Rücksäcken an den ersten Aufstieg zur Braunschweiger Hütte.
Beim wohlverdienten Abendessen lernten wir uns in der Gruppe kennen und konnten bei interessanten Gesprächen unser Wissen über Knoten etwas auffrischen.
Der Nebel beim Aufstieg verwehrte uns die Sicht – die Freude am nächsten Morgen war dafür umso größer!
Am nächsten Morgen lichtete sich der Nebel, und wir hatten endlich einen ersten atemberaubenden Blick auf unser Hauptziel für den Kurs, den linken Fernerkogel. Mit diesem Ziel vor Augen machten wir uns auf, auf das Gletschereis, wo wir erste Gehübungen mit Steigeisen und Pickel absolvierten. Nach anfänglichen Unsicherheiten konnten alle Teilnehmer sich nach und nach auf dem Eis wohlfühlen und lernen, den zu Beginn etwas ungewohnten, unsicher wirkenden Eisschrauben und Eissanduhren als Sicherung zu vertrauen. Den Rest des Tages verbrachten wir beim Üben des Abseilens, der Sicherungssetzung und der Rettungstechniken, denn die Devise lautet: Tausend Mal üben und dann im Ernstfall wie im Schlaf beherrschen.
Für eine Sicherung zum Abseilen in steilem Gelände muss erst einmal das Vertrauen in die kleine Schraube im Eis erlernt werden
Strahlender Sonnenschein und ein klarer Himmel empfingen uns am Sonntagmorgen und machten große Freude auf die anstehende Tour. Nach dem Frühstück marschierte die Gruppe los in Richtung des linken Fernerkogels. Dank der ausgiebigen Übungen am Vortag fühlten sich alle Teammitglieder gut vorbereitet, und das Gefühl, das erste Mal in einer Seilschaft mitten auf dem Gletscher zu stehen, war sehr euphorisierend. Erschöpft, aber bester Laune erreichten wir den Gipfel und konnten eine phänomenale Aussicht auf die umliegenden Gipfel, deren Namen Hans uns nannte, genießen.
Großes Gipfelglück! Durch unser fleißiges Üben hatten wir wohl wunderbares Wetter verdient.
Beim Abstieg machten wir an einer kleinen Gletscherspalte Halt, an welcher wir unsere frisch erlernten Rettungskenntnisse üben sollten. Wieder und wieder ließen wir zwei Gruppenmitglieder in zwei Teams in die kleine Spalte springen, um uns die Bergungsmethode einzuprägen. Hierbei hatten wir, obwohl es sich um ein sehr wichtiges und ernstes Thema handelt, sehr viel Spaß.
Die atemberaubende Aussicht war nur einer der vielen Gründe, wegen welcher die Gruppe hochmotiviert den Gipfelanstieg absolvierte.
Der folgende Abstieg zurück zum Parkplatz wurde gegen frühen Nachmittag angetreten – dieses Mal bestaunten wir die Aussicht, die wir uns bei der Anfahrt nur ausmalen konnten. Eine Feedbackrunde bei einem kühlen Bier ermöglichte uns allen, die Tour noch einmal Revue passieren zu lassen. Hierbei war sich die Gruppe einig: Ein unvergessliches Erlebnis!
Vielen lieben Dank an unsere Gruppenleiter Hans, Klaus, Yuri und Petra! Auch bei kleinen Anfällen von Panik, tausenden von Fragen oder vergessenen Knotenmustern wart ihr immer für uns da und wir konnten sehr viel neues lernen und dabei auch noch Spaß haben. Bis zum nächsten Mal!