Im Mai 2018 fand am Fuße des Watzmann der erste Berglauf im Rahmen der Sektion Karpaten statt. Eingeladen hatte Mihai Păunescu, einer unserer Spitzensportler und Trainer Bergsteigen und Hochtouren. Sieben Teilnehmer, die hier vorgestellt werden, starteten am Königsee und waren nach vier Stunden und 1000 Höhenmeter wieder bei den Autos. Kein Wettbewerb sondern eine gemütliche Lauftour oberhalb des wunderschönen Königsees. In dem Bericht wird die Bandbreite dieser Bergdisziplin erläutert mit der Absicht die Leser für diese Bergsportart zu begeistern. In unserem Programm für 2019 sind zahlreiche Bergläufe angeboten. Macht mit!
Den Berglauf, auch Trailrunning genannt, gibt es seit geraumer Zeit. Schon 1985 wurden die ersten Weltmeisterschaften ausgetragen. Die Zahl derer die diesen Sport praktizieren ist in den letzten Jahren gestiegen. Der Berglauf ist in der Regel ein Laufwettbewerb mit großen Höhenunterschieden. Typischer Weise ist ein Berg oder eine markante Höhe das Ziel des Laufs oder wird von dem Lauf als Zwischenstation erreicht. Die Strecke verläuft oft auf Wegen und Bergpfaden, mitunter auch auf Straßen. Bergläufe werden über verschiedene Distanzen, Höhendifferenzen und auf verschiedenem Untergrund angeboten. Bei einer Länge der Trasse von 42,2 Km und einer Höhendifferenz von mindestens 1000 m spricht man von Bergmarathon. Es gibt auch Ultrabergläufe über 70 km und 2000 Hm, bis hin zu 100 km mit 7500 Hm. Der letztere fand 2018 in Peru im Ort Banos statt. Einer der Teilnehmer, der bekannte Bergführer Jaime Vargas, der uns auf den höchsten Berg Ecuadors, den Chimborazo 6268 m, führte, brauche 29 Stunden dafür. Das Angebot der Berglaufwettbewerbe ist groß, allein in Deutschland werden ca. 40 Rennen angeboten.
Einige der Bergläufer der Sektion Karpaten sind:
Mihai Păunescu – ein hervorragender Bergläufer. Begonnen hat er 2012 mit einem mit 21 km langen Wettbewerb auf der Hohen Rinne (Păltinis), bei Hermannstadt, Rumänien. Dazu sagte er: „Damals konnte ich mir nicht vorstellen wie jemand 50 oder 100 km in den Bergen laufen kann“. Heute kann er sich das nicht nur vorstellen sondern nimmt an vielen Wettbewerben teil, die sehr viele Höhenmeter und Kilometer haben. Hier einige Beispiele: 2016 – Chiemgauer 100: 80 km, 3500 Hm, 16 St; 2017 – Ultratrail Stubai: 28 km 2500 Hm 4,5 St; 2018 – IATF K85 (Innsbruck Alpine Trailrun Festival): 86 km, 3400 Hm, 12,5 St; 2018 – Mozart 100: 103 km, 4600 Hm, 18 St. Mihai ist Mitglied der Bergwacht München. Im Oktober 2018 wird er die Diensthütte der Bergwacht München ablaufen, ein Eigeninitiative: 120 km und 5000 Höhenmeter. Manchmal läuft er von seinem Wohnort in seine Firma, die 20 Kilometer entfernt ist, um die notwendigen Trainingsstunden zusammen zu kriegen.
Simona Păunescu ist ausgebildet Wanderleiterin beim DAV und bietet Wanderungen im Rahmen des Sektionsprogramms an. Sie teilt ihre Begeisterung für den Berglauf mit ihrem Ehemann Mihai und nahm an folgenden Wettbewerben teil: 2017 – Ultratrail Stubai: 28 km 2500 Hm 5,5 St; 2018 – IATF K25 (Innsbruck Alpine Trailrun Festival): 25 km, 1200 Hm, 3,5 St.; 2018 – Mozart: 21, 21 km, 1000 Hm, 3,5 St. Die Leistungen des Ehepaars Păunescu sind erstaunlich und verdienen höchste Anerkennung.
Dagmara Olszowska nahm schon an Kinderlaufwettbewerben mit Distanzen bis 1 km teil. Nach dem Studium und der Umsiedlung von Polen nach Deutschland, setzte sie sich einen Marathon als Ziel. Erst nahm sie an 10 km Stadtläufen teil, danach folgte ein Halbmarathon und schließlich lief sie den Münchner Marathon im Jahr 2015. Die positiven Erinnerung daransprechen für sich: „Am Münchner Marathon 2015 teilzunehmen war die beste Entscheidung meines Lebens. An diesem Tag war ich gesund, sehr gut trainiert und hatte meine Freunde dabei, die überall in München gestanden sind um mich anzufeuern. Es war wirklich wunderschön durch die bekannte Stadt 42 km zu Laufen und überall die freundlichen Gesichter der Zuschauer zu sehen. Der Endspurt im Olympia-Stadion war der Hammer! Das Gefühl ins Ziel zu kommen – unbeschreiblich“ Danach folgte ein Camp in der Türkei, wo mehrere Tage täglich 20 km und 800 Hm über die Berge gelaufen wurde. Hier erlangte sie die Erkenntnis, dass das Laufen in den Bergen viel mehr Spaß macht als auf dem Asphalt in den Städten und dass die Laufzeit eine untergeordnete Rolle spielt. Ihr nächstes großes Lauferlebnis war im April 2018 mit einer Gruppe auf Mallorca, wo in 3 Tagen 120 km und 5500 Hm gelaufen wurden. „Es war sehr anstrengend, manchmal habe ich meine Grenzen erreicht. Aber die Gesellschaft hat mir geholfen, nicht aufzugeben und auf jeden Fall weiter zu laufen.“ Mit der Sektion Karpaten erlebte sie am Königsee einen wunderschönen Tag: „Es hat viel Spaß gemacht wegen der guten Atmosphäre und der wunderschönen Landschaft“. Dagmara hat sich für die Zukunft höhere Ziele gesetzt die über das bisher Erreichte hinausgehen.
Miguel Garzon ist ein sehr aktiver Bergläufer unserer Sektion. Aus Granada in Spanien kommend lebt er seit 3 Jahre mit seiner Familie in München. Er praktiziert den Berglauf seit 7 Jahren. Im Schnitt läuft er pro Woche 5-6 Stunden, 1500 Hm und ca.40 km. In der Berglaufsaison oder in der Vorbereitungszeit für einen Wettbewerb können es 12 Stunden und bis zu 4000 Hm pro Woche werden. Gefragt nach den Vorteilen und Reizen des Berglaufs antwortet Miguel: „Berglaufen bietet mir die Möglichkeit die Bergen mal anders zu erkunden. Das geht sogar als Feierabendtour oder als Tagestour, wie zum Beispiel von Garmisch bis auf die Zugspitze über das Rheintal. Für Bergtouren die normalerweise zwei Tage dauern, kann man diese als Bergläufer in nur einem Tag laufen, wie zum Beispiel die Watzmann-Überschreitung. Auchdas Laufen in großer Höhe ist möglich, allerdings kann man dort mit etwas Muskelkater rechnen, weil weniger Sauerstoff den Körper erreicht. Ich bin in Nepal von Tilicho-lake (4.919 m) runter gelaufen. Am 7 Juli 2018 hatte ich das Glück am Sky Marathon im Rosengarten, Dolomiten, teilzunehmen. Diese wunderschöne Aussicht mit nur ein paar hundert Gramm Gepäck auf dem Rücken war für mich ein gigantisches Erlebnis. Ich kann den Berglauf sehr empfehlen, allerdings gehört gutes Training dazu. Es ist erstaunlich was ein Körper alles leisten kann“.
Unser Mitglied Pierre Ah-Kang ist wohnhaft in Frankreich, praktiziert den Berglauf seit 2 Jahre und nimmt an Berglaufwettbewerben teil. Sein Ziel für 2018 hat er sich längst festgelegt: La Mascareignes auf Reunion, 65km, 3500 Hm hoch und 4500 Hm runter. Auf die Frage wie er sich für seine Läufe vor- breitet antwortet Pierre: „Ich laufe 3 bis 4 Mal pro Woche. 2 Mal 15 bis 20km mit 300 bis 500 Meter Höhenunterschied und 1 Mal 8 bis 15km flach. Nah bei Paris ist es schwierig Laufstrecken mit größerem Höhenunterschied zu finden“. Bislang hat er an folgenden Läufen teilgenommen: April 2018: Paris Marathon, 42,5 km, Ende April, Trail du Lac de Paladru: 29 km, 950 Hm, Ende Mai, Lozère Trail: 25 km, 1150 Hm, Mitte Juni, Trail des Ecrins: 34 km, 2200 Hm und Ende August, UT4M Oisans: 47 km, 3400 Hm.
Dagmar Götz und meine Wenigkeit wollten auch wissen wie sich ein Supermarathon mit 73,5 km und 1700 Hm anfühlt. Nach 5 Monaten intensivem Training: 110 Läufe, 1200 km, 160 Stunden und fast 4 Mal die Marathonstrecke von 42 km, war es dann im Mai 2018 soweit. Wegen einer Verletzung am rechten Knöchel drei Wochen vor dem Lauf, ist Dagmar Götz „nur“ 54,5 Kilometer in 08:20 Stunden gelaufen. Ich schaffte die Strecke von 73,5 km in 09:45 Stunden und war stolz und froh und um eine Erfahrung reicher. Es war nicht so schwer wie die Meisten sich das vorstellen. Das Fazit: so einen außergewöhn- lichen Lauf mitzumachen lohnt sich. Die Trainingszeit bereitete uns viel Freude, weil wir – bei ständig steigender Leistungsfähigkeit – die Natur im Winter und Frühling beobachten konnten. Dazu die Spannung ob letztendlich die Knochen und Muskeln halten und die Erkenntnis dass vieles möglich ist wenn man es möchte und daran glaubt. Letztendlich krönte der Zieleinlauf mit Glücksgefühlen die Anstrengungen und die Anerkennung der Mitmenschen tat gut.
Skyrunning heißt der Berglauf über 4000 Hm und ist ein Schnellhöhenbergsteigen. Bereits 1995 erreichte Christian Stangel in dieser damals neuen Bergdisziplin den hohen Huascaran 6768 m in Peru. Danach folge der Aconcagua 6962 m, den er vom Basislager in 04:25 Stunden erreichte. Die normalen Bergsteiger brauchen dafür mehre Tage. Im Laufe der folgenden Jahre erklomm Stangel in diesem Laufstil die Achttausender Shisa Pagma 8013 m, Cho Oyu 8201 m u.v.m. Die Vor-aussetzung für solche Bergläufe sind Erfahrung im Hochgebirge und eine gute Akklimatisation.
Diese Beiträge belegen dass Berglaufen nicht nur als Wettbewerb möglich ist sondern auch als Tageslauf und bringen die Erkenntnis dass jeder der gerne läuft diesen Sport ausüben kann. Vor ihrem ersten Berglauf am Königsee war Dagmar Götz gespannt wie dieser ablaufen würde und ob sie mithalten könnte. Danach sagte sie: „Eine entspannte Tour, bei steilen Hängen sind wir gegangen und konnten uns somit auch unterhalten, waren also nicht ständig mit der Zunge am Boden. Somit bleibt der soziale Aspekt bei dem Trail laufen erhalten. Trotzdem bewältigt man eine Strecke in der Hälfte der Zeit gegenüber dem Wandern“.
Bei vielen Bergsportarten braucht man viel Ausrüstung, das ist beim Berglauf anders. Turnschuhe, kurze Hose und einem ca. 2-3 kg Laufrucksack auf dem Rücken, mit Wasserflasche und Regenschutz, ein kleiner Erste Hilfe Beutel reichen in der Regel. Dabei sollte man bei dem Kauf der Turnschuhe auf ein gutes Profil (Hufenprofil)und einen stabilen Bau achten. Eine Pulsuhr ist sehr empfehlenswert, damit man sich nicht nur auf das eigene Gefühl verlassen muss. Darüber hinaus sind die meisten Trainingspläne in Bezug auf Herzfrequenzen erstellt. Auch ein Handy kann sehr hilfreich sein, weil es verschiedene Programme gibt die Distanz, Zeit, Orte u.v.m. anzeigen und ansagen.
Einige Erläuterungen betreffend Sicherheits- und Gesundheitsaspekte. Wer gerne läuft und auch sonst Sport treibt ist gut beraten einen Gesundheits-Chek zu machen um seinen maximalen Puls genau zu ermitteln um die Trainingsherzfrequenz den jeweiligen Trainingsarten (regeneratives, extensives, intensives usw.) zuordnen zu können. Eine Laktat Leistungsdiagnose ist auch ratsam, weil man so ermitteln kann bei welcher Herzfrequenz die Laktatausschüttung hoch ist und man somit auch den Trainingszustand ermitteln kann. Eine zu hohe Laktatausschüttung führt zu einer Versäuerung der Muskeln. Bei längeren Läufen, also über 20 km sollt man während des Laufes etwas essen, seien es Gels oder Getreideriegel oder Bananen. Ein wenig Salz und geringe Mengen Vitamin C, z.B. eine Scheibe Zitrone sind ratsam.
In der Planung ist es wichtig das Wetter zu prüfen, weil im Rucksack keine warmen Kleider dabei sind. Erfahrung braucht man auch beim Orientieren im Gelände. Ebenso gehört dazu Trittsicherheit und etwas Kondition. Der Berglauf hat wie der gesamte Laufsport zahlreiche positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und den Bewegungsapparat. Speziell das Bergauflaufen fördert konditionelle Elemente bei einer geringen Belastung für Knochen und Gelenke. Beim Bergablaufen ist die Belastung allerdings größer. Nach Meinung einiger Experten können mehrere Läufe über 70 Kilometer im Jahr zu gesundheitliche Schäden führen.
Sicherlich macht sich der eine oder andere Leser Gedanken über den Zeitaufwand für das Lauftraining. Doch die Länge der Laufstrecke kann sich jeder aussuchen. Wer 15-20 km in einem Wettbewerb oder an einem Wochenende laufen möchte sollte in der Woche diese Kilometeranzahl zusammenbringen. Diese Faustregel gilt auch bei steigenden Laufkilometer, also wer 30 km in einem Wettbewerb laufen möchte sollte 30 km in der Woche trainieren. Auf die Woche verteilt ist das nur 2 oder 3 Mal ca. 1-1,5 Stunden laufen.
Wie in allen Sportarten werden die angebotenen Läufe immer länger mit immer mehr Höhenmetern. Das kann man gut oder weniger gut finden, aber die steigende Teilnehmerzahl bestätigtihre Berechtigung. Das Bewundern dieser großartigen Sportler ist auf jeden Fall erlaubt, weil sich dahinter keine Supermen- schen verbergen, sondern disziplinierte und zielgerichtete Menschen die viel trainieren. Die ganz extremen Läufe sind nur Sportlern vorbehalten die „beruflich“ Sport betreiben und somit mehr Zeit haben zum Trainieren als die „Arbeiterklasse“.
Welche Distanzen und Höhenmeter für Jeden die richtigen sind muss jeder selbst entscheiden. Dies hängt natürlich mit der zur Verfügung stehenden Zeit zusammen. Auch bei kurzen Distanzen stellt sich das Vergnügen ein. Darüber hinaus nützt die gewonnene Kondition bei allen Berg- Kletter- oder MTB-Touren und sorgt für einen gesunden Körper und Geist. Unseren vorgestellten Bergläufern wünschen wir weiterhin viel Erfolg und viele Momente in denen sie die Fäuste in die Luft reißen können.
Willkommen bei den Bergläufern!