
Von 31. Mai bis 8. Juni 2025 verbrachte die DAV-Sektion Karpaten eine intensive und abwechslungsreiche Bergwoche im Herzen des Mont-Blanc-Massivs. Unsere Basis war der Campingplatz Les Arolles in Chamonix, wo wir mit Zelten und Campern unterkamen. Die Gruppe bestand zunächst aus Miguel, Andrei, Silviu, Andi und Claudi, später stießen Michael (Anreise total “Eco” mit dem FlixBus) und für einen Tag auch Mihai dazu.
Ankunft und erste Gipfelerfolge
Nach der Anreise am 31. Mai nutzten wir den ersten Tourentag, um uns mit der berühmten Aiguille du Midi (3.842 m) vertraut zu machen. Mit der Seilbahn ging es über 2000 Höhenmeter hinauf, wo wir auch gleich eine atemberaubende Aussicht auf Gipfel, Grate und Granitwände genießen durften – ein Panorama das sich durchaus sehen lassen kann.

Von der Plattform aus geht es gleich nach der kleinen Metallschranke auf einen für den „Kaltstart“ sehr schmalen, ausgesetzten Schneegrat, von dem wir dann über den Gletscher zum Grat Arête à Laurence und weiter in den Cosmiques-Grat einstiegen. In zwei Seilschaften durchstiegen wir den Grat und passten unsere Strategie immer den jeweiligen Gratabschnitten an. Im abwechslungsreichen Mixed-Gelände wechselten sich seilfreies Gehen, Klettern am laufenden Seil, Sichern mit mobilem Standplatzbau, Abseilmanöver und Fixseiltaktik ab. Die größten Herausforderungen waren am Ende wohl zum einen die Schlüsselstelle mit in eine Granitplatte gebohrten Löchern für die Frontalzacken der Steigeisen, während den Händen lediglich ein schöner Riss blieb – und zum anderen der mittelgroße Stau am Abseilpunkt. Bei bestem Wetter ist man eben nicht allein. Die Ankunft über die letzten Türme bis zur Aiguille du Midi glichen einem Catwalk, da uns die Touristenscharen auf der Aussichtsplattform der Terrasse bereits mit Applaus empfingen. Die “Gipfelleiter” auf die Plattform zog die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums auf sich und der Cappuccino mit Milchherzchen im Gipfelrestaurant war abschließend ein absolutes Highlight für Andrei, der die Kaffeekultur stets ausgiebig zu feiern weiß.

Gletschertraining und italienische Abenteuer
Am 2. Juni stand ein Gletscher- und Eistraining am Mer de Glace auf dem Programm. Nach der Fahrt mit der Zahnradbahn zum Montenvers und der anschließenden Seilbahn auf den Gletscher nutzten wir den Tag, um unsere Fähigkeiten im Eis zu vertiefen. Eisklettern, das Bauen von Eissanduhr und Gehtechniken mit den Steigeisen wurden geübt. Ausgepowert und bis auf die Unterhose durch ein kleines Unwetter durchnässt, endete der Abend in Chamonix im Poco Loco, dem „Place to be“ für Bergsteiger, wo wir bei hervorragenden Burgern und Bier den Tag ausklingen ließen.
Am nächsten Tag lockte uns die italienische Seite des Mont-Blanc-Massivs. Über den Mont-Blanc-Tunnel fuhren wir nach Courmayeur und nutzten die Skyway-Seilbahn, um zur Rifugio Torino (3.375 m) zu gelangen. Von dort aus bestiegen wir die Aiguilles Marbrées (3.535 m) über Mixed-Gelände aus Schnee, Fels und Eis. Uns kamen ein paar Bergführer mit verzweifelten “Gästen” entgegen, die sich auf Knien, in einer spannend anzusehenden Technik, fortbewegten und etwas blass im Gesicht waren. Hier im Mont Blanc Massiv erlebt man wirklich alles. Der Abstieg erfolgte über dieselbe Route, bevor wir nach Chamonix zurückkehrten.
Schlechtwettertag und neue Herausforderungen
Der 4. Juni war ein Ruhetag am Campingplatz, den jeder nach seinen Vorlieben gestaltete: Andrei shoppte, Miguel joggte, Silviu trank Tee, Andi las ein Buch und Claudi organisierte den Camper.
Am 5. Juni ging es erneut auf die Aiguille du Midi, von wo wir über den Gletscher zum Pointes Lachenal (3.613 m) aufstiegen. Mihai, der sich gerade in Chamonix auf seine Bergführerausbildung vorbereitete, begleitete uns an diesem Tag. Die Tour bot alles, was das Bergsteigerherz begehrt: Gratkletterei im 2. bis 4. Schwierigkeitsgrad, mobile Absicherung, Abseilpisten und steile Schneeflanken bis zu 40 Grad. Ohne die exzellente Spurarbeit von Mihai hätten wir hier aufgrund des Neuschnees wohl etwas tiefer graben müssen. Zurück am Campingplatz genossen wir bei wechselhaftem Wetter ein gemeinsames Abendessen mit französischem Rotwein und Campingküche unter Miguels Pavillon, der uns über die gesamte Zeit als Wohnzimmer diente. Besonders die Tourenplanung für den jeweils nächsten Tag hat hier an den meisten Abenden für gemeinschaftliches Kopfzerbrechen gesorgt.
Das Highlight: Aiguille d’Entreves-Überschreitung
Der 6. Juni sollte der anspruchsvollste und zugleich schönste Tag der Woche werden. Erneut fuhren wir über den Mont-Blanc-Tunnel zur Skyway-Seilbahn und stiegen zur Rifugio Torino auf. Von dort querten wir den Gletscher und begannen die Überschreitung der Aiguille d’Entreves (3.600 m).

In drei Seilschaften – Silviu und Miguel, Claudi und Andi, sowie Andrei und Michael – arbeiteten wir uns durch ausgesetztes Mixed-Gelände, über Felstürme, Granitwände, Eisrinnen und Schneepassagen. Die 5er-Schlüsselstelle auf Steigeisen an einer glatten, ausgesetzten Granitverschneidung, mit nur wenigen Griffen oder Tritten, wirkte wie ein dreifacher Espresso. Umso willkommener waren die in regelmäßigen Abständen zu findenden Bohrhaken in diesem ausgesetzten Gratgelände. Die Tour war technisch und körperlich fordernd, aber die eingespielten Teams meisterten sie mit Bravour. Zurück auf der Hütte feierten wir den Erfolg, bevor Andrei die Gruppe verließ.

Wetterglück und Abschied
Am 7. Juni nutzten wir ein kurzes Wetterfenster für den Petit Flambeau (3.437 m, Nordgrat). Die kurze Mixed-Tour führte uns über Schneeflanken, Eispassagen und kleinere Granittürmchen auf das leichteste Tourenziel der gesamten Woche. Das richtige Timing ersparte uns an diesem Tag den Sprint zurück zur Seilbahn. Nach der Rückkehr zur Hütte und der Fahrt nach Chamonix waren wir froh, das Wetter optimal genutzt zu haben, da es an diesem Tag noch ziemliches Donnerwetter gab.
Am letzten Tag, dem 8. Juni, stand noch einmal ein Eistraining am Mer de Glace mit Verticalzackentechnik, Eisklettern und dem Aufbau von Sicherungspunkten auf dem Programm, bevor wir die Heimreise antraten. Es stellte sich wieder einmal heraus, dass man diese Basics einfach nicht genug üben kann, um im anspruchsvolleren Gelände mit ausreichend Sicherheit, Geschwindigkeit und Erfahrung unterwegs sein zu können.
Fazit
Die Woche in Chamonix bot eine perfekte Mischung aus anspruchsvollen Gratklettereien, Gletschererfahrung und geselliger Atmosphäre. Besonders die Aiguille d’Entreves-Überschreitung, sowie die eingespielten Seilschaften mit dem richtigen Mindset und Spirit machten die Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ein herzlicher Dank gilt allen Teilnehmern für die tolle Gemeinschaft und Mihai für seine Unterstützung.
„Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel!“


